VATERMAL – NECATI ÖZIRI


304 Seiten / Claassen / 27.06.2023 / Bibliothek

Ein Sprung in eine andere Welt ist VATERMAL. Arda schreibt eine Art Biografie, Brief an seinen Vater, dem er das Mal unterhalb des Auges verdankt.
Er erzählt von seinem Leben mit seiner Mutter, der Frau, die Metin verlassen hat. Wie es war staatenlos in Deutschland zu sein. Wie viele Tage und Wochen sie wenig zu essen hatten, weil wenig da war und Mutter sich verlor. Wie schwierig es wurde, als auch noch seine kleine Familie zerbrach.
Wie seine Kumpels und er immer vor der Polizei auf der Flucht waren. Nicht weil sie schwere Verbrechen begingen, sondern weil man sich ohne Ausweis nicht ausweisen kann und das extrem aufwendig war.
Wie blöd er das findet, dass er ihn, seinen Vater, nicht kennt und vielleicht doch auch gar nicht so schlimm.
Er erzählt von den alltäglichen Tragödien in seinem Umfeld und das alles während er im Krankenhaus darauf wartet, dass man ihm hilft, wenn ihm zu helfen ist.

Ich mag den Stil unglaublich gerne. Diese Art zu erzählen erinnerte mich an Dschinn. Für mich, die mit Ausweis Pflicht etc aufwächst, ist es unbegreiflich, dass in Deutschland auch Menschen ohne Papiere wohnen, weil sie als staatenlos gelten. Welche schreiende Ungerechtigkeit das für viele bedeutet.
Die Themen, die der Autor streift sind mannigfaltig. Eventuell musst du achtsam lesen, denn auch hier gibt es keine Inhaltswarnung.

Schwierige Themen sind: neben Diskriminierung, Alkoholismus, Drogen,  Gewalt psychisch wie physisch, Suizid, Schwangerschaft, Krankheit, Erdbeben, Flucht, Tod

Bis bald
Eva

Beschreibung

Ein Buch von radikaler Wahrheit und unvergesslicher Intensität. Arda weiß nicht, wie viel Zeit ihm noch bleibt. Er liegt mit Organversagen im Krankenhaus seiner Heimatstadt im Ruhrgebiet; an seinem Bett sitzen abwechselnd seine Mutter Ümran und seine Schwester Aylin. Seit zehn Jahren haben die beiden kein Wort miteinander gesprochen. Zum Abschied wendet er sich an seinen Vater, den er nie kennengelernt hat. Arda erzählt dem Unbekannten von Geburtstagen im Ausländeramt und vom letzten Sommer auf dem Bahnhofsplatz, bevor alle seine Freunde verschwinden: Bojan wird abgeschoben. Danny wird zu früh Vater. Savaș geht zurück in die Türkei, nachdem er seine Mutter verliert. Aber Arda erzählt auch von Schwester und Mutter: von Aylin, die von zuhause wegrennt. Und von Ümran, die sich ihr Leben ganz sicher anders vorgestellt hat. Necati Öziri schreibt eine Familiengeschichte über einen Sohn, eine Mutter und eine Schwester, deren Leben und Körper gezeichnet sind von sozialen und politischen Umständen. Ein Roman von radikaler Wahrheit, Wut, Kraft, Liebe und Sehnsucht – und das dringlichste Debüt des Jahres.