DSCHINNS von FATMA AYDEMIR

368 Seiten / dtv / 14.09.2023 / Bibliothek

Dieses Familiendrama spielt in Deutschland und der Türkei.

Das Cover ist schlicht gestaltet und enthält nur den Titel und die Farben, die mich an Aladins Dschinn erinnern.

Wir steigen ein in das Buch und erleben Hüseyins letzte Momente in seinem Ruhesitz in Istanbul, erzählt aus der Sicht des Dschinns. Man ist direkt im Geschehen und ich liebe diese direkten Einstiege in eine Geschichte, eine andere Welt. Die Geschichte spielt irgendwann zwischen 1980-1999 und erleben die Epoche aus der Sicht jedes einzelnen Familienmitgliedes. Da sind die Kinder von Hüseyin: Ümit, Perihan, Hakan und Sevda und zum Schluss seine Frau Emine.Ich mag dieses Buch unglaublich gerne, denn der Stil ist grandios. Es hat tatsächlich jedes einzelne Kind seine eigene Sprache.

Ümit ist demütig, möchte es so gerne allen recht machen und kann nicht, weil allein seine persönliche Situation mit allem struggelt. Ich war geradezu schockiert über den Grund, weshalb gerade er zur Therapie soll.

Perihan ist das Mädchen, das so gut wie alles erreicht und eine wundervolle Feministin und Rebellin ist. Ihre Sprache ist frei und direkt, aber auch höflich.

Die ganze Zeit über, überlege ich, welche Geheimnisse die Mutter hat, hegt und pflegt und warum sie sich zum Teil so unglaublich schrecklich verhält. Doch ich muss warten und lesen, was Hakan gemacht hat und wer er ist, wie er seinen Platz im Leben sucht und findet. Hakan ist anpassungsfähig, doch eher der Proll unter den Kids.Lerne Sevda kennen, die mit ihren ganz eigenen Dämonen kämpft und viele blinde Flecken in der Familie aufarbeitet, bevor ich erfahre, was mit Emine war und wer sie wirklich ist. Sevda nutzt offene Worte, eine kühne Art der Direktheit und ist mutig, ruhelos und aufmüpfig.

Ich liebe dieses Drama, es ist unglaublich schön, unabhängig davon, dass ich mich in einer anderen Kultur bewegt habe und einem anderen Glauben gegenübersah. Da gibt es viele Parallelen und wir finden uns sicher zumindest da wieder, wo wir sagen: „Oh Mist, das habe ich auch schon einmal gemacht, um es Mama / Papa recht zu machen, oder nur ihnen zuliebe.“

Es ist überraschend zu erfahren, wie jung Emine ist in diesem ganzen Drama aus Familie, Ehe, Auswanderung nach Deutschland bis hin zum Tode ihres Mannes. Das Ende finde ich dramatisch, tragisch und ein winziger Schimmer bleibt offen für den ich Hoffnung in mir trage 😊

☆☆☆☆☆

Eva

Beschreibung:

Eine Familie, eingeholt von Vergangenheit und Gegenwart

Dreißig Jahre hat Hüseyin in Deutschland gearbeitet, nun erfüllt er sich endlich seinen Traum: eine Eigentumswohnung in Istanbul. Nur um am Tag des Einzugs an einem Herzinfarkt zu sterben. Zur Beerdigung reist ihm seine Familie aus Deutschland nach. Fatma Aydemirs großer Gesellschaftsroman erzählt von sechs grundverschiedenen Menschen, die zufällig miteinander verwandt sind. Alle haben sie ihr eigenes Gepäck dabei: Geheimnisse, Wünsche, Wunden. Was sie jedoch vereint: das Gefühl, dass sie in Hüseyins Wohnung jemand beobachtet. Voller Wucht und Schönheit fragt ›Dschinns‹ nach dem Gebilde Familie, den Blick tief hineingerichtet in die Geschichte der vergangenen Jahrzehnte und weit voraus.